Die Vorschlagspool-Reihe, Teil 2: Automatisierung der Übersetzung

Veröffentlicht am 9 Apr 2020

Für Übersetzer, die an SAP-Übersetzungen arbeiten, ist der Vorschlagspool eines ihrer wichtigsten Werkzeuge. Er hilft ihnen dabei, schneller zu arbeiten und qualitativ bessere Übersetzungen zu liefern. Aber der Vorschlagspool ist mehr als nur ein praktisches Tool, um die alltägliche Arbeit des Übersetzers zu beschleunigen. Mit ihm können Sie Ihr SAP-Übersetzungsprojekt automatisieren, mehrfach vorkommende Texte automatisiert übersetzen und systemweite Terminologieänderungen durchführen. Dies ist der zweite Teil einer zweiteiligen Reihe. Sie können Teil 1 hier lesen.

Automatisierung mithilfe von Translation-Memory-Systemen

Tatsache ist, dass Sie jedes TMS dazu verwenden können, Teile des Übersetzungsprozesses zu automatisieren. Eine der bekanntesten Automatisierungsfunktionen ist die Vorübersetzung, die von den meisten modernen Übersetzungssoftware-Suiten angeboten wird. Die Idee dahinter ist, dass bei übereinstimmenden Quelltexten Übersetzungen aus einem Translation Memory übernommen werden, d. h., dass die Übersetzung für alle bereits einmal übersetzten Texte kopiert wird. Auf diese Weise sind große Teile eines Textes bereits übersetzt, bevor ein Übersetzer mit dem Projekt beginnt. Das funktioniert besonders gut für Texte wie Handbücher und Softwaredokumentationen.

Aber das Übernehmen von Übersetzungen aus einem Translation Memory birgt auch Gefahren; denn jede Übersetzung, die Sie übernehmen, kann für einen vollkommen anderen Kontext angelegt worden sein als der Text, der jetzt vorübersetzt wird. Für Benutzeroberflächentexte, wo die Texte oft sehr kurz und aus Platzmangel auch abgekürzt sind, ist die Vorübersetzung nicht ganz so effektiv. Das liegt daran, dass kürzere Texte rein statistisch auch häufiger mehrdeutig sind. So kann sich z. B. Cancel auf das Abbrechen einer Aktion beziehen, aber auch auf das Stornieren einer Rechnung; und in vielen Sprachen werden diese beiden Bedeutungen unterschiedlich übersetzt.

Mehrdeutige Texte sind für die Vorübersetzung nicht geeignet.

Mehrdeutige Texte wie Cancel sind für die Vorübersetzung nicht geeignet. Stornieren bezieht sich im Deutschen auf das Stornieren einer Rechnung, während Abbrechen das Abbrechen einer Aktion bedeutet.

Qualitätsbewusster Umgang mit mehrdeutigen Texten

Hier kommt das Konzept des Qualitätsstatus im Vorschlagspool ins Spiel. Bei den meisten Translation Memorys können mehrere Übersetzungen für ein und denselben Quelltext gespeichert werden, aber alle diese Übersetzungen werden als gleichwertig hinterlegt. In SAP-Systemen können Übersetzer Vorschlagspooleinträge einerseits als mehrdeutig klassifizieren, oder andererseits auch für die automatische Verteilung (die Vorübersetzungsfunktion von SAP) vormerken.

Das heißt, Sie können bei der Vorübersetzung von SAP-Oberflächentexten festlegen, dass nur Texte übernommen werden, die von Übersetzern für die automatische Verteilung gekennzeichnet wurden. Vorschläge für Quelltexte mit mehr als einer Bedeutung (wie „Cancel“ in unserem Beispiel oben) werden nicht verteilt. Stattdessen werden nur Vorschläge verwendet, die auch für diesen Zweck vorgesehen wurden. Auch der Umstand, dass Vorschläge an eine bestimmte Terminologiedomäne gebunden sein können, ist hier von Nutzen – ein Vorschlag, der für die Anwendungskomponente FI angelegt wurde, wird nie zur Vorübersetzung eines Textes aus dem Personalwesen verwendet werden. Während Sie sich also mit der Vorübersetzung manuellen Aufwand sparen, können Sie gleichzeitig sicher sein, dass die Übersetzungsqualität darunter nicht leidet.

Übersetzer können Vorschläge mit dem Status A anlegen, um sie für die Vorübersetzung vorzumerken.

Übersetzer können Vorschläge mit dem Status A anlegen, um sie als für die Vorübersetzung anderer Texte geeignet zu kennzeichnen, oder mit Status X, um sie als mehrdeutig zu kennzeichnen.

Fest verdrahtete Vorschläge

Ein weiteres einzigartiges Merkmal des Vorschlagspools ist die Verknüpfung von Vorschlägen mit dem Übersetzungsstatus. In SAP-Systemen gilt ein Kurztext erst als übersetzt, wenn es für ihn auch einen passenden Vorschlag gibt. Wenn es keinen Vorschlag gibt, wird der Text zur Überprüfung gekennzeichnet und Übersetzer müssen ihn erneut bearbeiten. Eine Möglichkeit, wie Sie diese Funktion zu Ihrem Vorteil nutzen können, ist bei der Änderung eines Begriffs im gesamten Übersetzungsprojekt.

Angenommen, Sie haben aus dem Deutschen ins Englische übersetzt, und Ihre Übersetzer waren angewiesen worden, Buchungskreis als Booking Ledger zu übersetzen. Später finden Sie heraus, dass der korrekte Begriff eigentlich Company Code ist. In den meisten Übersetzungsprojekten müssten Sie jede einzelne Stelle mit dem falschen Begriff finden und ihn ändern. In SAP-Systemen können Sie einfach den Vorschlagspool durchsuchen und alle falschen Einträge löschen. Dadurch werden alle falschen Übersetzungen zur Überprüfung gekennzeichnet, da sie ohne einen passenden Vorschlag nicht mehr als übersetzt gelten. Projektweite Korrekturen waren noch nie einfacher.

Durch das Löschen eines falschen Vorschlags hat große Auswirkungen.

Durch das Löschen eines falschen Vorschlags werden alle Übersetzungen mit diesem Vorschlag sofort ungültig und zur Überprüfung gekennzeichnet.

Automatisiertes Anlegen von Vorschlägen

Bevor Sie mit der ersten Übersetzung in Ihrem SAP-System beginnen, ist Ihr Vorschlagspool leer. Aber wenn Sie SAP-Sprachenpakete importiert haben, enthält Ihr System bereits Millionen Übersetzungen. Wie wäre es, wenn Sie diese Übersetzungen für die Wiederverwendung in Ihrem Übersetzungsprojekt zur Verfügung stellen könnten? Das können Sie durchaus, wenn Sie einige davon in den Vorschlagspool kopieren.

Das war eine der ersten Automatisierungsfunktionen, die sich SAP-Übersetzungsberater ausgedacht haben. Und obwohl diese Funktionalität niemals in den SAP-Standard aufgenommen wurde (möglicherweise weil SAP selbst wenig damit anfangen kann, da sie mit dem wahrscheinlich größten Vorschlagspool der Welt operieren), gibt es eine Reihe von Drittanbieter-Tools, die diese Funktion anbieten. Diese Funktion ist wahrscheinlich immer noch die absolut effektivste Funktion zur Automatisierung von SAP-Übersetzungsprojekten – und alles dank dem Vorschlagspool.

Die Zukunft des Vorschlagspools

Wenn man eine Funktion lobt, die jetzt fast dreißig Jahre alt ist, muss man sich fragen, wie lange es sie noch geben wird. In den nächsten paar Jahren werden ABAP-Stack-Systeme wahrscheinlich weiterhin das Backend von lokalen SAP-Installationen bilden. Aber keine Software lebt ewig und irgendwann werden die Tools, die wir zurzeit für die Übersetzung von SAP-Texten verwenden, von etwas Neuem abgelöst.

Wenn der Tag kommt und SAP die nächste Generation von Übersetzungstools entwickelt, dann gibt es bestimmt Vieles, das man hinsichtlich der Benutzerfreundlichkeit der heutigen Transaktion SE63 verbessern kann. Aber wenn es eine Funktion gibt, an der sich die Überlegungen für eine neue Lösung orientieren sollten, dann ist es sicherlich der Vorschlagspool.

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